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Bürgerbegehren steht vor der Ablehnung

Entscheidung fällt die Bezirksvertretung Mitte August

Von Hubert Brand

Mehrere hundert Personen zogen Ende Januar 2022 vom Nippeser Tälchen zum Ebertplatz um gegen die geplante Klärschlammverbrennungsanlage zu protestieren. Aufgerufen zu dieser Demo hatte die Mitte 2021 gegründete Initiative Kölner Nord.

Im Mai 2022 hatte die Initiative eine Bürgereingabe „Uns Bürger*innen stinkt‘s“ bei der Geschäftsstelle für Anregungen und Beschwerden der Stadt Köln eingereicht. Das Ziel der Bürgereingabe ist es die Pläne zur Errichtung einer Klärschlammverbrennungsanlage in Merkenich zu stoppen.

In einer Beschlussvorlage zur nächsten Sitzung der Bezirksvertretung Chorweiler gibt es eine ausführliche Stellungnahme der Stadtentwässerungsbetriebe Köln, AöR  (StEB) im Namen der geplanten KLAR GmbH, die am 26. Juli 2022 gegründet wird:

„Die Partner und Ansprechpersonen der geplanten KLAR GmbH haben Verständnis dafür, dass es zum Projekt der Klärschlammverwertung im Rheinland und insbesondere zur Klärschlammverbrennung am Standort Köln-Merkenich Vorbehalte, Fragen und Kritik gibt. Deswegen ist es ein großes Anliegen des Projektes KLAR (Klärschlammverwertung am Rhein), lange vor Eintreten in die konkreten Planungs- und Genehmigungsverfahren die potentiell betroffenen Bürgerinnen und Bürger ausführlich zu informieren.

Mit Wirkung zum 1. Januar 2029 besteht die gesetzliche Verpflichtung zur Rückgewinnung von Phosphor aus dem Klärschlamm. Eine Ausbringung in der Landwirtschaft ist ebenso untersagt wie eine Mitverbrennung in anderen Anlagen, zumal diese, bedingt durch die Energiewende, auch nicht mehr zur Verfügung stehen.

Der Rat der Stadt Köln hat sich in intensiven Beratungen mit dem Projekt befasst. Ergebnis dieser Beratungen waren die dem Vorhaben zustimmenden Ratsbeschlüsse vom Mai 2021 und Mai 2022. Die Zustimmung zum Bau- und Betrieb der Klärschlammverbrennungsanlage erfolgte mit einer breiten Ratsmehrheit.

Vertreter des Projekts sind seit Dezember 2020, unter Einbeziehung der Bezirkspolitik zunächst mit den Vertretungen der Bürgervereine im Austausch gewesen.

Im Sommer 2021 wurde eine erste Information über das Projekt an alle Haushalte in Köln-Merkenich verteilt, und für den August 2022 ist ein Bürgerinformationsmarkt geplant. Dabei kommen alle Aspekte des Vorhabens zur Sprache: Klärschlamm und Technik, Standort und Projekt, Verkehr und Logistik, Umwelt und Klimafolgen.

Auch mit dem Vertreter der Petenten wurde in direkten Gesprächen ein Katalog von rund siebzig Fragen eruiert und ausführlich persönlich und schriftlich beantwortet.

Die Anlage in Köln-Merkenich wird erst errichtet, wenn eine Braunkohlenanlage mit einer weitaus höheren Kapazität im Jahr 2025 stillgelegt worden ist. Der Stilllegungsbeschluss durch die Anlagenbetreiberin, die RheinEnergie AG, ist bereits erfolgt. Sodann entsprechend, die durch die Klärschlammverbrennung verursachten Emissionen lediglich einem Bruchteil der aktuell durch die Braunkohleanlage verursachten Emissionen.

Die zu verbrennende Menge Trockensubstanz aus dem Klärschlamm darf gemäß der Genehmigungsantrags-Grenze maximal 39.000 Tonnen pro Jahr betragen. Geplant ist derzeit mit einem Volumen von 37.000 Tonnen pro Jahr.

Ebenso ermöglicht die Inbetriebnahme der Anlage den Abtransport von mehr als vierzig Prozent der zu behandelnden Gesamtmenge Klärschlamm über eine Druckleitung vom Großklärwerk Stammheim. Dadurch entfallen ca. 4.800 LKW-Bewegungen pro Jahr in Stammheim. In Stammheim führt der Verkehr derzeit durch die Innerortslage.

Durch die neue Verbrennungsanlage in Merkenich entsteht eine Mehrbelastung an LKW-Fahrten auf der Emdener Straße. Diese tangiert keine unmittelbaren Wohngebiete. Künftig fahren hier ca. 15 LKW pro Anliefertag. Auf ein Jahr gerechnet sind dies ca. 3.550 LKW-Bewegungen als Hinfahrt zur Anlage oder 7.100 LKW-Bewegungen als Hin- und Rückfahrt.

Das sich in Betrieb befindliche Braunkohlenkraftwerk Merkenich, wird heute überwiegend per Bahn mit Kohle versorgt. Allerdings fahren zusätzlich auch 3 LKW pro Anlieferungstag den Betrieb an. Mit der Außerbetriebnahme der Anlage würden diese Fahrten entfallen. Auf ein Jahr gerechnet sind dies ca. 1.500 LKW-Bewegungen als Hin- und Rückfahrt.

Nur der Standort Merkenich ermöglicht die Anlieferung weiterer größerer Klärschlammmengen per Schiff aus Bonn. Laut Ratsbeschlüssen in beiden Städten kommen hierbei ausschließlich klimaschonende Antriebe zum Einsatz.

Zudem verfügt ausschließlich der Standort Merkenich zusätzlich über einen Bahnanschluss, über den z.B. die Verbrennungsaschen per Schiene zur Deponierung/Wertstoffrückgewinnung abtransportiert werden können.

Die energetische Verwertung des Klärschlamms hilft dabei, die Unabhängigkeit von fossilen Energie-rohstoffen aus dem Ausland zu erhöhen.

Durch das Projekt KLAR und die Klärschlammverbrennungsanlage in Köln-Merkenich profitieren die Menschen in vielen Städten und Gemeinden im Rheinland künftig von einer sicheren und bezahlbaren Entsorgung ihrer Klärschlämme.

Das Vorhaben wird Verkehrslasten für die Stadt belegbar deutlich verringern, einen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten und den gesetzlichen Auftrag zur Rückgewinnung wichtiger Wertstoffe erfüllen.“

Die Stadtverwaltung empfiehlt der Bezirksvertretung das Begehren aufgrund der dargelegten Gründe abzulehnen.


Nachtrag vom 7. September 2022

Der Ausschuss für Bürgerbeteiligung, Anregungen und Beschwerden hat das Bürgerbegehren einstimmig bei Enthaltung der Fraktion „Die Linke“ abgelehnt.


Nachtrag vom 14. September 2022

Aus der Niederschrift des Ausschusses:

„2.4 Bürgereingabe nach § 24 GO -"Uns Bürger*innen stinkt's"

Aktenzeichen 66/22 B1695/2022

Der Petent stellt seine Eingabe vor und begründet diese.

Herr Kleimann erläutert die Verwaltungsvorlage und legt u.a. dar, dass am 24. August eine Informationsveranstaltung stattgefunden habe. 60 Bürger hätten teilgenommen.

Die Hälfte sei vom Bürgerverein gewesen, die andere Hälfte sei unorganisiert gewesen. Die Veranstaltung habe seiner Ansicht nach zur Aufklärung beigetragen. Eine vergleichbare Veranstaltung sei für die nächste Planungsphase in ca. einem Jahr geplant.

Auf Nachfrage erklärt er weiter, auch in Hürth-Knapsack werde auf dem Gelände der RWE eine vergleichbare Verbrennungsanlage gebaut. Dort sollen Klärschlämme aus dem niederrheinischen Bereich zwischen Mönchengladbach und Aachen verbrannt werden. Diese Verbrennungsanlage sei aber nicht mit der Bahn erreichbar und erfordere daher den Einsatz von LKW.Schließlich führt er ebenfalls auf Nachfrage aus, dass der Prozess innerhalb der Verbrennungsanlage ohne Energiezufuhr laufe, lediglich der Anfachvorgang erfordere Energie. Die Anlage produziere einen Energieüberschuss.

Im Rahmen des anschließenden Meinungsaustauschs erkennt der Ausschuss an, dass der Petent den Kölner Norden entlasten will, äußert aber folgende Kritikpunkte:

  • Die Fernwärme müsse weiterhin bereitgestellt werden.
  • Die Klärschlammverbrennung fördere die Gasunabhängigkeit.
  • Verbrannt würden nur 37 t, der Rest sei Wasser.
  • Es gebe keine Luftbelastung, sondern die Luft würde zu 96% entlastet.
  • Aschetransporte würden nicht mit LKW, sondern durch die Bahn transportiert werden, was eine große Entlastung für Merkenich und ganz Köln sei.
  • Aus gesamtstädtischer Sicht sei festzustellen, dass auch durch den Flughafen, den Großmarkt und den Hafen Belastungen entstünden.

Die Stadtentwässerungsbetriebe und die RheinEnergie hätten die Bürger frühzeitig informiert und auf Entlastungen hingewiesen. Hingegen sei die Kommunikation der Bürgerinitiative unangemessen. Man wünsche sich eine sachliche und konstruktive Diskussion.

Beschluss: Der Ausschuss für Bürgerbeteiligung, Anregungen und Beschwerdenbedankt sich für die Bürgereingabe und empfiehlt das Begehren aufgrund der dargelegten Gründe abzulehnen.

Abstimmungsergebnis:Bei Enthaltung der Linken einstimmig beschlossen.“

09. Mai 2024
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