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Entscheidung fällt im Ausschuss für Soziales, Seniorinnen und Senioren

Ratsmitgliedern erschrocken von den Zuständen der Wohnungen

Von Hubert Brand

In der Ratssitzung vom 21. März 2024 hatte die SPD-Fraktion einen Dringlichkeitsantrag betreffend des Zustandes von Wohnungen in Chorweiler und Seeberg-Nord eingebracht.

Pascal Pütz (SPD), auch Vorsitzender des Unterausschusses Wohnen, führte zum Antrag mit dem Titel „Dringender Handlungsbedarf: Mieterinnen und Mieter im Kölner Norden  benötigen sofortige Lösungen“ aus:
„Stellen Sie sich vor, Sie müssten in einer Wohnung leben, in einer Wohnung, in der es von den Wänden tropft, von der Decke tropft, Ihre Brille beim Betreten der Räume wegen der hohen Luftfeuchtigkeit beschlägt. Ein modriger Geruch von Schimmelbefall in den Räumen Ihnen entgegenschlägt und Bodenbeläge blättern ab und zerbrechen.“
Er ergänzte: „Sie empfinden so wie ich auch, das ist eine Wohnung, darin kann man nicht leben. Das ist nicht menschenwürdig.“
In der Realität sehe es für die Mieter*innen anders aus – alternativlos, so Pütz, sie lebten mit kleinen Kindern in diesen Wohnungen – perspektivlos.
Durch die jüngste Medien-Berichterstattung wurde eine Asbest-Belastung durch die schadhaften Bodenbeläge bekannt, darin sehe die SPD eine akute Gefahr für Leib und Leben. Er weist auch auf die Aktivitäten der Landtagsabgeordneten Lena Teschlade und Ratsmitgliedern in den vergangenen Jahren hin, die auf die Situation aufmerksam gemacht hätten.
„So kann es auf keinen Fall weitergehen, daher fordern wir die Stadtverwaltung und ihre Spitzen Dr. Rau als Dezernent für Wohnen und Oberbürgermeisterin ‚Rekerin’, fordern wir Sie auf, dass Sie diese unerträgliche Wohnsituation der Menschen in den Häusern der ZBVV höchste Priorität beimessen und dieses zur Chefinnensache erklären. Wenden Sie konsequent das Wohnraumstärkungsgesetz an. Erklären Sie, wenn nötig, die Wohnungen für unbewohnbar. Das Land gibt der Kommune diese Möglichkeit. Wir müssen sie nur anwenden, um den Menschen endlich zu helfen“, erklärte Pütz.

Die aktuelle Berichterstattung habe sie veranlasst, eine Mitteilung zu erstellen, die in die Sondersitzung des Sozialausschusses gegangen sei, berichtete Dr. Harald Rau. Darin seien erste Maßnahmen dargestellt, die bereits ergriffen worden seien. Bereits nach Hinweisen im Mai 2023 habe die Verwaltung den Kontakt zum Vermieter gesucht. Daraus seien 21 anhängliche Verfahren gestartet und bei drei Vorgängen sei es bereits zu Zwangsgeldverfügungen gekommen. Die nun geschilderten Mängel machten deutlich, dass mehr passieren müsse, gibt der Dezernent zu. Er nehme sich der Sache persönlich an und werde auch einen weiteren Vor-Ort-Termin machen und genau steuern, was die Gegenmaßnahmen seien, versprach Rau. Er fügte hinzu, dass es bereits im letzten Jahr einen solchen Vor-Ort-Termin gegeben habe.
Des Weiteren nahm er direkt zum Antrag Stellung. Zu Punkt 4 („...sorgt dafür, dass die Unbewohnbarkeitserklärung dem Verfügungsberechtigten und den Bewohnerinnen und Bewohnern bekannt gegeben wird“) sagte er, dass diese Erklärung ein hochformaler behördlicher Akt sei. Wenn er erteilt werde, führe er zum sofortigen Betretungsverbot, so Rau. Die Bewohner*innen würden davon zwangsläufig davon erfahren, denn sie dürften ihre Wohnung nicht mehr betreten.  Und zu Punkt 5 („beschließt, falls die Wohnungen für unbewohnbar erklärt werden, dass die Stadt Köln dafür Sorge zu tragen hat, dass die Bewohnerinnen und Bewohner anderweitig untergebracht werden, und zwar zu zumutbaren Bedingungen“): Bei erfolgter Unbewohnbarkeitserklärung habe primär der Vermieter*in die Pflicht, Ersatzwohnraum zu stellen. Nur wenn es dem Vermieter*in nicht gelinge, den Ersatzwohnraum zu stellen, springe die Stadt als Ersatzleistung in die Beschaffung von Wohnraum ein. Eine Unbewohnbarkeitserklärung erfordere eine technische Inaugenscheinnahme, dazu werde eine Zustimmung der mietenden Partei benötigt.

Ira Sommer (CDU) stellte zunächst fest, dass es im Chorweiler Zentrum Immobilien gebe, die Mängel behaftet seien, deshalb müsse den Menschen im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten geholfen werden.
Da es noch Fragen zu der Mitteilung an den Sozialausschuss gebe und der SPD-Dringlichkeitsantrag noch nicht abschließend bewertet werden könne, beantrage sie den Verweis in den Unterausschuss Wohnen und in den Sozialausschuss. Nicht jeder Mieter könne für jeden Feuchtigkeitsschaden haftbar gemacht werden und auch nicht jeder andere Schaden, der sich im Laufe einer Nutzung entwickle, so Sommer. Zum Beispiel falle eine Heizung regelmäßig auch ohne Zutun des Mieters aus.
Die Mieter benötigten mehr Begleitung und weiterhin sei proaktives Handeln der Verwaltung erforderlich. Für die Beratung in den Ausschüssen müsse bekannt sein, inwieweit die Sanierungskonzepte umsetzbar seien. Was passiere, wenn die Sanierung nicht erfolge, fragte Sommer. Seien Mietminderungen möglich? Auch die mündliche Anfrage der CDU in der Bezirksvertretung Chorweiler solle mit einbezogen werden.
In einer Zwischenfrage zum Ende der Rede wies Jürgen Kircher (SPD) auf die Krebsgefahr hin, die Asbest auslösen kann. Sommer konterte, dass die Verwaltung unabhängig vom Verweis des Antrages in die Ausschüsse bei Lebensgefahr handeln müsse.

„Wir hatten eine Art Stillstand in der Diskussion“, stellte Michael Weisenstein (Linke) fest. Nach der Rettung von 1200 Wohnungen durch das städtische Wohnungsunternehmen sei der Eindruck in der Stadt entstanden, in Chorweiler ginge alles glatt, aber das sei nicht der Fall, so der Fraktionsvorsitzende. Er sei dankbar, dass sich die Verwaltung nun darum kümmere. Die Linke stelle aber auch fest, dass es Rumdoktoren an einem Symptom sei, so Weisenstein.
„Wir müssen die Frage des Wohnens vielmehr weiterentwickeln in die Frage der Daseinsvorsorge. Der Markt der Wohnungswirtschaft hat versagt“, so Weisenstein. „Wir müssen darüber nachdenken, Bestände systematisch aufzukaufen. An der einen oder anderen Stelle sind wir als Kommune überfordert und brauchen die Unterstützung des Bundes. Ohne gemeinwohlorientierten Wohnungsbau werden wir das Problem nicht lösen“, ist sich Weisenstein sicher.

Volker Görzel (FDP) sieht durch die Rede des Dezernenten die Punkte 1 bis 5 als erledigt an und betont, die FDP würde bei einer Entscheidung in der Ratssitzung den Antrag ablehnen.

Der Rat entscheidet sich mehrheitlich gegen die Stimmen der Faktionen SPD und Die Linke sowie der Stimme von RM Zimmermann (GUT Köln) für Verweisung des Antrages in den Unterausschuss Wohnen und zur Entscheidung in den Ausschuss für Soziales, Seniorinnen und Senioren.

Vorab-Auszug Ratssitzung

SPD-Antrag (Ist nach der Ratssitzung gemäß des Beschlusses um die Ausschüsse ergänzt worden.)

Nachtrag vom 10. April 2024

Die Stadtverwaltung hat die mündliche Anfrage der CDU aus der Sitzung der Bezirksvertretung Chorweiler vom 14. März 2024 betreffend „Unzumutbare Wohnbedingungen in Häusern (Wohnblocks)" beantwortet. Antwort

28. April 2024
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