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Interessante Menschen in Esch-Pesch-Auweiler kennenlernen

kfd Esch lud zum Talk unterm Turm mit einer Foodsaverin, einem Lehrer aus Kiew und einem Rechtsanwalt.

Von Hubert Brand

Drei interessante Gespräche erlebten die Besucher*innen beim Talk unterm Turm. Die Interviewpartner*innen werden bei der Einladung durch die kfd Esch nicht bekannt gegeben, sondern sind stets eine Überraschung.

 

Im ersten Gespräch interviewte Paul Müller im Martinushaus die Foodsaverin Monika Böhm. Die Lehrerin aus Pesch war durch eine Dokumentation auf das Thema „Lebensmittelverschwendung“ aufmerksam geworden.

Der Dokumentarfilmer Valentin Thurn habe das Thema in seinem Film „Taste the Waste“ dargestellt. Dadurch inspiriert sei der Verein foodsharing e.V. mit vielen Gruppen entstanden, berichtete Böhm.

Sie erzählte ebenfalls von Raphael Fellmer, der anfänglich das Containern betrieben hatte. Da dies allerdings eine Straftat darstellt, habe er den Geschäftsführer eines Bio-Supermarktes angesprochen und es sei zu einer Kooperation gekommen. In Köln gebe es bereits 210 Kooperationen. Bei der Lebensmittelübergabe hätten allerdings die Tafeln Vorrang.

Wer Foodsaver*in werden möchte, der müsse zunächst auf der Internetseite ein Quiz durchlaufen, um seine/ihre Ernsthaftigkeit mit dem Thema zu prüfen. Rund fünftausend Personen hätten sich in Köln als Foodsaver registrieren lassen, so Böhm. Sie teile sich die Lebensmittel mit Nachbar*innen und Freund*innen.

Das zweite Gespräch führte Steffi Kühn mit dem Lehrer Christian Bauer, der 20 Jahre der Organist der evangelischen Kirche war, aber in Nippes wohnt. Auch war er Lehrer für Deutsch, Musik und Französisch an einer Solinger Gesamtschule.

Aus persönlichen Gründen nahm er ein Sabbatjahr und ging nach Charkiv/Ukraine, um Russisch zu lernen. Da kam das Angebot, im Ausland Deutsch zu lehren; innerhalb von zehn Minuten habe er sich entschieden, das zu machen, so Bauer.

Nun unterrichte er an zwei Schulen in Kiew Deutsch als erste Fremdsprache. Insgesamt hätten die Schüler*innen elf Wochenstunden inklusive des Fachunterrichts wie Biologie. Der Deutschunterricht gehe über die Sprachförderung hinaus und biete auch Kulturaustausch. Zurzeit würden deutsche Feste besprochen.

Zehn Tage vor dem Kriegsausbruch endete seine Präsenz in Kiew, denn die deutschen Lehrkräfte wurden vom Auswärtigen Amt abgezogen; seitdem findet der Unterricht ausschließlich online statt.  Er ist beim Land Nordrhein-Westfalen angestellt und war für ein Jahr an die Ukraine ausgeliehen.

Der weitere Schritt, Schüler*innen nach Deutschland zu holen, habe sich von selbst ergeben. Dabei nutzte er seine Netzwerke hier vor Ort und in der Ukraine. Dafür wurde ihm stellvertretend für die Gruppe „Die Ukraine SoNah“ bei einem Instant-Messaging-Dienst eine Spende über fünfhundert Euro symbolisch per Scheck überreicht.

Nach der Pause folgte ein Gespräch von Gertrud Meinert mit dem in Esch geborenen Rechtsanwalt Jens Schiminowski. Heute ist er Spezialist für Revisionen und sagt, er habe alle Positionen des Strafrechts kennengelernt. Da hakte Meinert nach und fragte, ob er denn auch die Sicht eines Angeklagten schon erlebt habe. Das verneinte er.

Er startete ins Gespräch mit der Aussage: „Die juristischen Berufe sind die interessantesten Berufe.“ Dazu gab es ein ungläubiges Raunen von den Zuhörer*innen, so schob er „für mich“ nach. Wichtig sei im Beruf die Sprache, so müssten komplizierte Sachverhalte so heruntergebrochen werden, dass sie jede*r verstehe.

2003 begann er bei einem Rechtsanwalt. Anschließend arbeitete er in den Staatsanwaltschaften in Bonn und Köln. 2017 folgte der Wechsel zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Dort, berichtete er, habe es für ihn zu wenige Impulse gegeben und so habe er sich zurückbesonnen auf den Beruf des Rechtsanwalts. Seit April 2021 ist er in einer Kanzlei ausschließlich mit der Bearbeitung von Revisionen beschäftigt. Für eine Berufung gebe es nur einen Monat Zeit, aber zum Teil seien neuntausend Seiten Protokolle zu sichten. Zum Teil würden dreißig Jahre alte Fehler gemacht. Die meisten Fälle beträfen den Bereich der Betäubungsmittel. Meinert lockte ihm noch einige Anekdoten heraus.

In seiner Escher Zeit war er in der katholischen Kirche aktiv zum Beispiel als Lektor oder auch im Männerballett.

Seine Leidenschaft teilt er sich nur mit seiner Frau, die selbst Richterin ist. Die Söhne hätten sich anders entschieden, so sei einer Elektriker und der andere studiere Wirtschaft.

Die musikalischen Einlagen lieferte das Ehepaar Kerstin und Jonas Körfer als Duo Zweierbande mit Stücken aus ihrem aktuellen Programm „Lieder im Freien“. Die Lieder erzählen von ihren sommerlichen Aufenthalten im Landhaus einer befreundeten Malerin im spanischen Katalonien. Die Ansagen steuerte Dominik Bensiek bei.

Der nächste Talk unterm Turm findet am 28. Oktober 2022 statt.

09. Mai 2024
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